Als Hermann Mylius das adelig freie Gut Gnadenfeld aus den Händen seines hohen Gönners übernahm, waren Wiesen und Weiden jungfräuliches Land im besten Sinne des Wortes. Noch vor wenigen Jahren waren die Wasser des Meeres auf- und abgegangen, wo nun der Pflug schritt und das Vieh graste. Bildete doch das „Seefeld“ das letzte Stück eines großen Flutgewässers, das seit den Tagen der Marcellusflut (16. Januar 1362) von der Harrierbrake über Ovelgönne und westlich von Golzwarden und Rodenkirchen durch den Hoben zur Jade strich und nach einem uralten Weserarme den Namen Lockfleth führte. Schon gleich nach der Bezwingung der Rüstinger im Jahre 1514 hatten die Oldenburger Grafen die Bedeichung des ausgedehnten Geländes zu beiden Seiten des Lockfleths in Angriff genommen, indessen sollten mehr denn einhundert Jahre vergehen, ehe das „überaus böse Loch“, durch das einst die Schiffe aus der Weser in- und zur Jade wieder hinausgefahren sein sollen, gestopft werden konnte. Trotzdem wird die Eindeichung dieses gewaltigen Meereseinbruches, der dem Grafen reichen Landbesitz einbrachte, immer eine kulturelle Großtat bleiben. Mit einer Durchdämmung des Lockfleths bei Ovelgönne im Jahre 1516 begann der Kampf gegen das Wasser, eine zweiter Durchdämmung, 2728 Meter lang, „vom Friesischen Moor nach dem Hahnenknoop“, folgte. Dieser Zuschlag galt aber nur der Vorbereitung eines größeren Unternehmens, das Deichlegung vom Schweier Moor, nördlich von Kurzendorf über Hartwarderwurp zur „Alten Kanzlei“ im Jahre 1530. Mit zunehmender Verschlickung des mehr und mehr versandenden Lockflethbettes schoben die Deiche sich weiter und weiter nordwärts: 1555 entstand der 8291 Meter lange Deich von Hobensühne über Hobenmühle und Inte zum nachmaligen Vorwerk Norderseefeld; 1574 brachte eine neue Durchquerung des Lockfleths die völlige Bedeichung des Alten Hobens und einen Landgewinn von 430 Hektar. Dieser Deich lehnte sich nach Süden an den Deich von 1530, von Frieschenmoor nach der Alten Kanzlei an, nach Osten an den alten Landdeich von der Kanzlei bis Hobensühne, er war 7018 Meter lang.
In den Jahren 1584 – 1591 war auch der Neue Hoben landfest gemacht; ein 6530 Meter langer, von Binnenau über Morgenland und dem Seefelderschaart nach Abbehauserhörne ziehender Deich sicherte den 832 Hektar großen Raum gegen die zurückgedämmten Fluten, die nur noch in einer trichterförmigen Balge, dem sogenannten Seefelde, ins Land eindringen konnten. Es war eine Frage der Zeit, bis auch dieses letzte Loch gestopft und das Gelände westlich des Schaartes, Abbehauserhörnes, Intes und Deichhofes der Kultur erschlossen wurde. In den Jahren 1642 – 1646 war endlich das Seefeld dem Zugriff des Meeres entzogen, sperrte der in unseren Tagen zum größten Teile wieder abgetragene „Hobendeich“ das Wasser endgültig aus dem Lande. 1736 Jück fruchtbaren Marschenbodens, eben dem Meere entstiegen, bildeten den Lohn dieser letzten großen Bedeichung, die in der Geschichte der Heimat unvergessen bleiben wird. – Um es zu wiederholen: 1643 wurde das Seefeld, der Mündungstrichter des zuvor gestopften Lockfleths, eingedeicht, 1648 schenkte Graf Anton Günther seinem verdienstvollen Rat Mylius 170 Jück dieses eben gewonnenen Landes unter Befreiung von allen Abgaben und Leistungen, von Collecten und Contributionen. Allein Mylius sollte sich dieses Besitzes nicht lange erfreuen, er starb, wie bereits erwähnt, im Jahre 1657 und vererbte das adelig freie Gut Gnadenfeld seinem Sohne Occo, der zunächst 25, am kleinen Siel gelegene Jück an Diedrich Brummers Witwe für 2.400 Rthl., hernach die restlichen 145 Jück für 12.900 Rthl. an den Obersten Bonar verkaufte. Als 1688 die Privilegien der adelig freien Güter aufgehoben oder eingeschränkt wurden, belegte man auch Gnadenfeld mit einem Roßdienst von zwei Ritterpferden, machte es bauernpflichtig und ordnete es der Vogtei Stollhamm ein. Noch einmal, im Jahre 1699, wurde Gnadenfeld von allen Verpflichtungen frei, auch von allen Deich- und Siellasten. Damals erwarb der Königlich Dänische Rat und Leibmedicus Ringelmann das Gut aus den Händen des Obersten Bonar und mit ihm die alten Privilegien eines adelig freien Gutes, die sofort fielen, als nach Ringelmanns Tode Major d´Antichou und nachfolgend Hausmann Lüder Kloppenburg Gnadenfeld in Besitz nahm.
Lüder Kloppenburg mag auch der Erbauer des auf uns gekommenen umfangreichen Wohn- und Wirtschaftsgebäudes gewesen sein, jedenfalls hält eine in die Stirnseite des Hauses eingelassene Schmucktafel seinen Namen lebendig. Unter einem großen Wappenschilde mit dem Zeichen derer von Kloppenburg (ein Johann Kloppenborch, „gewesener treuer Teich- und Sielgeschworener“, starb 1681, am 6. Oktober) lesen wir „Lüder Kloppenburg 1761“. Wie dem auch sei, Lüder Kloppenburg war im Jahre 1764 Besitzer des zu 2.400 Rthl. Versicherten Wohnhauses Nr. 121 „aufm Seefelde“, dazu eines großen Speichers, der im Jahre 1807 abgebrochen wurde.
Nach dem Tode des Lüder Kloppenburg fiel Gnadenfeld in die Hände des Advokaten Stange „nomine uxoris“, das ist im Namen seiner Frau, die wohl eine Tochter des genannten Kloppenburg war. Die Nachfolge trat Berend Bollenhagen zur Jade an; seine Familie blieb über 100 Jahre im Besitz des einst adelig freien Gutes Gnadenfeld. So sehen wir im Jahre 1801 den Sohn Johann Bollenhagen, 1804 den Sohn Berend, 1831 Berend Bollenhagen und seine Ehefrau Anna Catharine, geb. Rabben, und 1834 statt des ersteren seine Kinder als Eigentümer von Gnadenfeld. Zu ihrer Zeit wurden Haus und Hof einer gründlichen Erneuerung unterzogen. 1807 ging man dem Wohnhause zu Leibe, es wurde in seinem Werte so gesteigert, daß es fortan mit 4.200 Rthl. in der Brandkasse stand. Dazu baute Berend Bollenhagen an Stelle des abgängigen Speichers einen weit besseren, der mit 600 Rthl. versichert war. Eine weitere Verbesserung nahm die Ehefrau des Johann Anton Müller vor, die als eine geborene Bollenhagen 1870 Haus und Hof übernahm und auch in ihrem im Jahre 1885 beginnenden Witwenstande behielt. Sie, Anna Helene Catharine Müller geb. Bollenhagen, erhöhte den Brandkassenwert des Hausen auf 5.600 Rthl. (1873), ließ durch den Landschaftsgärtner Otto Hummitsch in Atens einen herrschaftlichen Garten anlegen (1886), dazu einen Schweinekofen errichten, der 1898 durch einen Speicher und einen Kofen ersetzt wurde. In diesem Zustande und nach diesen Veränderungen gelangte Gnadenfeld im Jahre 1906 in den Besitz der Ehefrau des Hergen Robert Tantzen, Anna Helene geb. Achgelis, die den Hof ihrer Tochter vermachte, der Ehefrau des Ministerialrates Johann Georg Hennings; Art. 8 Flur 3 Parz. 56 – 76 der Gemeinde Seefeld. Der Hof ging dann in den Besitz des Sohnes Hegen Johann Hennings und seiner Frau Marie Hennings, geb. Töben über.
Drei Jahrhunderte sind vergangen, seit man das Seefeld aus den Wassern hob. Große Vorwerke teilen sich heute den Besitz des fruchtbaren Landes, das ehedem Balge und Niemandsland war. Gnadenfeld ist ohne Zweifel das älteste dieser dem Meere abgerungenen Güter. Es wurde gestiftet, als das hier laufende Bett des Lockfleths Haus und Hof kaum zu tragen vermochte, als der bis dahin dienstbare Deich von 1591 eben zur Ruhe gegangen war. Sie beide, der auch heute noch vorhandene Schlafdeich von 1591 und das breit ausladende reithgedeckte Niedersachsenhaus herrschaftlichen Stiles mit dem Heidefirst und dem Storchennest, sie gehören zusammen als betagte und ehrwürdige Zeugen einer an großen Erinnerungen so reichen Vergangenheit. Mögen sie weiterhin in treuer Nachbarschaft zusammenstehen und Kunde bringen denen, die nach uns kommen!
Ein Großbrand am Ostersonntag 1964 zerstörte das Wirtschaftsgebäude bis auf die Grundmauern. Auf dem Hof wurde ein Wohnhaus, eine Halle und ein Hühnerstall gebaut. Im Jahr 1996 wurde der, beim Brand stehen gebliebene, Schweinestall vom Enkel Stephan Hennings zu einem Wohnhaus umgebaut. Im Jahr 2000 erhielt der Schweinestall noch einen Anbau.
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